Das etwas andere Weihnachten - 24. Dezember 2014

Am Nikolaustag haben Maria und ich uns schon früh morgens auf den Weg nach Kampala gemacht, um dort im Brood, einem holländischen Restaurant zu frühstücken und noch ein paar andere Dinge zu erledigen. Nach einem Kaffee auf der Terrasse unseres Lieblingscafés haben wir dann gemeinsam mit Elena in einem der großen Shoppingcenter Kampalas unsere Kinokarten für den Film „The Mockingjay“ gekauft, der um 14:20h beginnen sollte. Auf unseren Tickets stand dann aber 14:30h und wir fragten vorsichtshalber nochmal nach. Der Verkäufer versicherte uns, dass die Uhrzeit auf den Karten stimmt. Also schlenderten wir noch ein bisschen durch das Einkaufszentrum und wurden zurück im Kino aufgefordert auf den Sofas vor den Kinosälen Platz zu nehmen, man würde uns Bescheid geben, wenn alles fertig ist. Als uns einer der Mitarbeiter holte, hatte der Film jedoch schon angefangen. Wir versuchten vorsichtig die Treppen im dunklen Kinosaal hochzusteigen und dachten auch zuerst wir hätten die freie Platzwahl, weil es so dunkel war, dass wir niemanden erkennen konnten. Ausgerechnet in der Reihe, für die wir uns entschieden hatten, saß aber doch schon jemand, den Elena nicht gesehen hatte und sich aus Versehen bei ihm auf den Schoß setzte. Das war aber nur der erste amüsante Vorfall unseres Kinobesuchs. Nach etwa zwanzig Minuten blieb plötzlich das Bild stehen. Wir drei blieben erst mal auf unseren Plätzen sitzen, warteten ab, was wohl passieren würde und nutzen die Zeit um ein paar Fotos zu machen und über Unterschiede zwischen Film und Buch zu diskutieren. Nach einer Weile stand einer der drei anderen Zuschauer auf um einem Mitarbeiter Bescheid zu geben. Kurze Zeit später ging es dann weiter, allerdings wieder nur für wenige Sekunden. Wir mussten lachen und hatten unseren Spaß, erst recht als dann hieß wir mögen doch bitte das Kino wechseln und der Film in dem anderen Saal von vorne anfing. Diesmal bin ich dann rausgegangen und habe gefragt, ob es vielleicht möglich wäre zu der Stelle vorzuspulen, bis zu der wir gekommen waren. Freundlicherweise wurde das dann auch getan, nur leider viel zu weit, sodass wir einen Teil verpasst hatten. Trotzdem hatten wir einen super spaßigen Nachmittag und das ist schließlich die Hauptsache.

 

Letzte Woche war es endlich so weit und ich habe mit Anne Chapati gemacht, was ich schon die ganze Zeit unbedingt lernen wollte. (Vielleicht hat auch die Tatsache, dass ich ein paar Tage vorher deutsche Pfannkuchen gemacht habe, den Prozess beschleunigt.) Chapati sind die herzhaften und meist sehr fettigen Pfannkuchen, die hier an jeder Straßenecke verkauft werden und dort auf großen runden Steinplatten über Holzkohle gebraten werden. In meiner Gastfamilie hat es aber auch mit einem Topf sehr gut geklappt. Ich bin jetzt jedenfalls im Besitz eines sehr guten Rezeptes und hatte wie ihr seht viel Spaß dabei, es auszuprobieren.

Vorletztes Wochenende waren Maria und ich Luweero, einem District in der Nähe von Kampala, das vom alten Taxipark je nach Verkehr innerhalb von anderthalb bis zwei Stunden mit Matatus zu erreichen ist. Bevor wir uns auf den Weg machten, verbrachten wir den Vormittag auf einem der Craft Markets in Kampala, auf dem es wunderschöne afrikanische Kleider, Schmuck und Kunsthandwerk zu kaufen gibt. Nachdem dem Mittagessen in Javas Café, indem nicht nur Essen und Getränke, sondern auch die Preise recht europäisch sind, hatte ich irgendwie ein schlechtes Gefühl dabei 21500 Shilling für Sandwiches mit gegrilltem Gemüse und Käse, Pommes und einem Glas Wasser ausgegeben zu haben. Umgerechnet sind das zwar weniger als acht Euro, aber wenn man einen Chapati schon für 500, also etwa 14 Cent bekommt, fühlt es sich irgendwie nicht richtig an so viel Geld für Essen auszugeben. Danach kauften wir in einem der großen Supermärkte noch Käse ein, weil wir vor hatten am Abend Pizzataschen zu machen (mit richtiger Pizza sieht's ohne Ofen schlecht aus). Als wir in Luweero am Taxipark ankamen und von René und Leonie abgeholt wurden, teilten sie uns sofort mit, dass es schon den ganzen Tag keinen Strom gibt und wir unsere Abendessensplanung eventuell von Pizza zu Streetfood ändern müssen. Da es aber erst 17 Uhr war, hofften wir alle noch daran darauf, dass der Strom bald zurückkommen würden.


René und Leonie sind letzte Woche von Kasala, einem kleinen Dorf, in dem sie mit Damian und Lotti im St. Mary's Health Center arbeiten, nach Luweero gezogen. Nach dem wir das kleine, aber feine Reich der beiden bewundert hatten, machten es uns zu viert auf der Matratze in Küche/Wohn- und Esszimmer gemütlich und es war schön sich ausführlich über unsere bisherigen Erfahrungen und Erlebnisse auszutauschen. Als sich um halb neun der Hunger meldete, saßen wir noch immer im Kerzenlicht und mussten feststellen, dass aus dem Pizzataschen an diesem Abend wohl nichts mehr werden würde. Leonie sagte noch: „Wenn wir wir uns jetzt was zu Essen holen, haben wir spätestens wenn wir zurück sind wieder Strom!“. Auch wenn wir befürchteten, dass sie Recht haben würde, machten wir uns, jeder mit seiner Taschenlampe in der Hand, auf den Weg zu den Essenständen an der Hauptstraße. Es ist mir immer noch ein Rätsel wie viele Ugander die Wege auch im Stockdunkeln ohne Lampe und in Flipflops oder gar barfuß bewältigen. Ich muss selbst bei Tageslicht immer noch aufpassen nicht ständig zu stolpern oder auszurutschen, ganz zu schweigen von Nachts, wenn man ohne Scheinwerferlicht der vorbeifahrenden Autos selbst an den Hauptstraßen oft nicht einmal die Hand vor Augen sieht. Doch das tolle daran, dass es kaum Licht auf der Straße gibt, ist der Sternenhimmel. Ich habe noch nie so viele Sterne gesehen und wünschte, ich hätte ein Foto machen können.

Schon als wir ankamen, schwärmte René vom „Deluxe-Rolex“, den es in Luweero gibt. Also entschied ich mich dazu ihn zu probieren. Normalerweise bekommt man ein in einen Chapati eingerolltes Omelett, wenn man ein Rolex bestellt. Wenn man Glück hat sind darin neben Zwiebeln auch noch ein paar klein geschnittenen Tomaten enthalten, manchmal auch ein bisschen Kohl. In der Delux-Variante wurde das Omelett zusätzlich mit Paprika gebraten und bevor der Verkäufer es zusammen rollte, befüllte er es noch mit ganz vielen Tomatenscheiben und frischem Kohl. Danach wurde der fertige Rolex in Scheiben geschnitten und kunstvoll in eine Plastiktüte geschichtet.

Genau in dem Moment als unsere Bestellung fertig war, gingen die Lichter auf der Straße wieder an. Power was back! Wir fingen alle an zu lachen. Leonie hatte Recht gehabt. Welcome to Uganda.

Der Rolex hat mich ein bisschen an Futo Maki Sushirollen erinnert und darf sich meiner Meinung nach wohlverdient „Delux-Rolex“ nennen. Es war also doch nicht ganz so schlimm, dass es mit den Pizzataschen nicht geklappt hat. Das holen wir dann beim nächsten Besuch nach.

Der Käse hat auch ohne Kühlschrank bis zum nächsten Morgen überlebt. So konnte das Deluxe Abendessen mit einem gemütlichen Deluxe-Frühstuck fortgesetzt werden. Neben Toast mit gekochten Eiern, Käse, Erdnussbutter, Marmelade und vielem mehr, gab es noch leckeren Kakao und Mangosaft. Danach machten wir uns mit dem Boda auf den Weg nach Kasala, wo Leonie und René uns das St. Mary's Health Centre zeigten. Von dort gingen wir zu Fuß zu Lottis Gastfamilie. Eigentlich hatten wir nach unserem späten Frühstuck noch gar keinen Hunger, aber Lotti hatte für 13Uhr Essen bestellt. Wir machten auf dem Weg eine kleine Führung durch den Garten, in dem es kleine Ferkel, Hühner, Avocado- und Papayabäume sowie Maracuja- und Kaffeepflanzen zu bewundern gab. Das Restaurant in dem wir zu Mittag aßen ist das einzige in Kasala, aber wenn es noch andere gäbe, wäre es mit Sicherheit trotzdem das Beste!

So langsam merkt man, dass die Trockenzeit kommt. Es gibt die ersten Mangos, auf die ich mich schon die ganze Zeit gefreut habe und es wird immer heißer. Im November, dem zweit regenreichsten Monat im Jahr, war es zwischenzeitlich an manchen Tagen nicht ganz so warm, obwohl man darüber streiten kann, ob 25 Grad kalt sind. In meiner Gastfamilie beschwerten sich jedenfalls alle darüber, was mich ein wenig zum Schmunzeln gebracht hat, insbesondere wenn ich mir die Wettervorhersage für Deutschland angesehen habe. An heißen Tagen finden sie es allerdings alle wieder viel zu heiß und können gar nicht verstehen, dass ich das ich die Hitze so gerne mag und mich sogar freiwillige in die Sonne setze.

 

Nicht an allen Tagen, aber vor allem Freitags und Samstag ist die Musik in einer der Bars in unserer Nähe so laut, dass man sie überall in unserem Haus hört. Meine Gastmutter und Uncle Steven regen sich hin und wieder darüber auf und ich musste so lachen als wir letztens mal wieder zuammen im Wohnzimmer saßen und er den seltsamen Remix mit den Worten "That's not music, that's madness!" kommentierte. Manchmal sind echt ein paar gute Lieder dabei, aber wenn ich mal wieder um halb zwei in der Nacht von grässlichem Karaokegesang geweckt werde, bin ich auch nicht unbedingt begeistert.

 

 

Vor zwei Wochen durfte ich mich im Lubaga Hospitals vorstellen, einem der großen Krankenhäuser in Kampala, in dem auch Anne-Kathrin und Elena, zwei Mitfreiwillige von mir arbeiten. Der Ansprechpartner ist der deutscher Arzt Dr. Diefenhardt, der seit 2012 dort tätig ist. In unserem Gespräch hat er mich gebeten in den ersten zwei Monaten im Public Relation Office zu arbeiten, weil dort wohl am meisten Unterstützung gebraucht wird. Das entspricht natürlich nicht ganz meinen Vorstellungen, aber vielleicht ist es gar nicht so schlecht für eine Weile in der Verwaltung zu arbeiten, um noch auch ein paar Einblicke zu gewinnen. Außerdem ist das Lubaga Hospital ein recht großer Komplex mit einem Gelände, auf dem ich mich schon verlaufen habe (Wer mich und meinen nicht vorhandenen Orientierungssinn kennt, weiß dass das nicht viel zu bedeutet hat, aber es ist auf jeden Fall nicht so überschaubar wie das Galilee Hospital.). Also ist es sicherlich sinnvoll die verschiedenen Abteilungen und das Personal durch die Arbeit im Büro erst mal kennenzulernen. Danach darf ich dann auf eine der Stationen wechseln. Ich bin total froh darüber, dass der Wechseln überhaupt möglich war und ich jetzt wenigstens wieder etwas zu tun habe Ein paar mehr Informationen über das Krankenhaus und womit ich im Büro beschäftigt bin, könnt ihr demnächst unter der Rubrik „Mein Projekt“ nachlesen.

Auch für Maria wurde mittlerweile ein Projekt in einem Kinderheim gefunden, weil sie sich entschieden hat, dass sie lieber mit Kindern als in einem anderen Krankenhaus arbeiten möchte.


Die Wohnungssuche hat sich als etwas schwieriger dargestellt, als erwartet und es war nicht ganz einfach etwas zu finden, dass sicher ist und das in unserem Budget liegt. Nach heißen Diskussionen mit unserem Makler und sechs Wohnungsbesichtigungen haben wir jetzt etwas gefunden.

Die Wohnung ist ganz in der Nähe meiner Gastfamilie, also auch nicht weit entfernt vom Galilee Hospital, wo es wie wir finden den besten Chapati in ganz Kampala gibt. Jeden Tag Posho und Beans war dann irgendwann doch nicht mehr ganz so lecker. Vor allem wenn es geräuchertes Fleisch gab, war der Chapati für 500 Shilling, umgerechnet weniger als 15 Cent, eine sehr leckere Alternative. Eigentlich hatten Maria und ich gesagt, dass dies wohl das einzige sein wird, was wir vermissen werden, wenn wir nicht mehr dort arbeiten. Und jetzt ziehen wir in die Nähe des Standes und können uns bald wann immer wir wollen unsere Lieblingschapatis holen!

Weil unser zukünftiges Zuhause noch eine ziemlich große Baustelle ist, haben wir dem Eigentümer nicht ganz abgekauft, dass angeblich alles in zwei Tagen fertig werden würde und wir zum 1. Januar einziehen können. Also haben wir uns auf dem 10. Januar geeinigt, aber ich bin immer noch ein bisschen skeptisch, ob das realistisch ist. Heute morgen war ich mit Uncle Steven nochmal dort und habe die erste Anzahlung gemacht. Hier ist es üblich am Anfang für die ersten drei Monate zu bezahlen, wir haben aber mit dem Eigentümer abgesprochen, dass er die gesamte Summe erst bekommt, wenn bis zum 10. Januar auch wirklich alles fertig ist.


Seit Mittwoch steht unser Weihnachtsbaum im Wohnzimmer und ich habe mich glaube ich noch nie so sehr über einen Weihnachtsbaum gefreut. Im Büro ist die Playlist mit etwa fünf englischen Weihnachtsliedern aus dem IT-Office von nebenan in den letzten Tagen nicht zu überhören gewesen. Auch wenn es sieht grade gar nicht anfühlt wie Heiligabend, wird dies bestimmt ein Weihnachtsfest, dass ich so schnell nicht wieder vergessen werde!

Gestern Abend haben Elena und ich nach der Arbeit noch ein paar Weihnachtseinkäufe erledigt. Kampala ist immer wahnsinnig voll und ist jedes mal einfach unfassbar, was dort los ist. Aber was gestern in der Stadt abging, war kein Vergleich zu allem was ich vorher erlebt habe.

Nachdem wir uns erfolgreich durch das Gedränge gekämpft und uns zwischen den im Stau stehenden Matatus, Lastwagen und Reisebussen gequetscht hatten, erledigten wir unsere Einkäufe und fuhren danach mit dem Boda zur Watoto Church, wo im Moment täglich zwei Weihnachtsvorstellung aufgeführt werden. Meine Gastschwester Ruth hat mir davon erzählt uns empfohlen unbedingt dort hinzugehen, weil es unglaublich gut sein soll. Wir waren um kurz nach sechs da, um uns für die 20 Uhr Vorstellung einzureihen. Doch schon zu dem Zeitpunkt war die Schlange so lang, dass man das Ende nicht sehen konnte. Der Mann hinter uns erzählte, dass er vor einigen Jahren schon mal stundenlang gewartet hat und die Person vor ihm dann die letzte war, die reingelassen wurde. Nach etwa einer Stunde wurde uns per Mikrofon mitgeteilt, dass die Kirche schon voll ist, aber wir die Show von der Leinwand sehen können. Doch daraus wurde dann leider auch nichts, denn nach einer weiteren Stunde – es standen exakt fünf Leute vor uns in der Schlange -, hieß es dann: „Come back tomorrow.“ und es wurde niemand mehr reingelassen. Ein Mitarbeiter des Organisationsteams kam auf uns zu und fragte uns, ob wir morgen denn keine Zeit hätten, er würde uns Karten geben mit denen wir nicht wieder so lange warten müssen. Eigentlich hatten wir für Heiligabend schon andere Pläne, aber steckte uns zwei Karten zu und sagte, wir sollen morgen um drei Uhr da sein, dann würden wir noch in die 18 Uhr Vorstellung reinkommen. Wir wissen nicht was uns erwartet, aber der Eintritt ist frei und es scheint wirklich sehr beliebt zu sein. Also werden wir uns gleich nochmal auf den Weg ins Gedränge machen und heute Abend mit den anderen Freiwilligen im Guest House Weihnachten feiern.